Balladen und Gedichte Songtexte und Volkslieder Wissen und Forschung Suche und Links
Autoren
Themen
Länder

Arndt, Ernst Moritz
Arnim, Achim von
Brentano, Clemens
Browning, Robert
Busch, Wilhelm
Bürger, Gottfried August
Chamisso, Adelbert von
Droste-Hülshoff, Annette von
Eichendorff, Joseph von
Ernst, Otto
Fontane, Theodor
Gerhardt, Paul
Goethe, Johann Wolfgang von
Grillparzer, Franz
Hagedorn, Friedrich von
Hebbel, Friedrich
Heine, Heinrich
Herder, Johann Gottfried von
Hofmannsthal, Hugo von
Housman, A.E.
Hölty, Ludwig Heinrich Christoph
Keats, John
Keller, Gottfried
Kraus, Karl
Liliencron, Detlev von
Meyer, Conrad Ferdinand
Münchhausen, Börries Frhr. von
Mörike, Eduard
Ringelnatz, Joachim
Schiller, Friedrich
Storm, Theodor
Uhland, Ludwig
Weckherlin, Georg Rodolf

Die Nonne

Ludwig Heinrich Christoph Hölty

Es liebt' in Welschland irgendwo
Ein schöner junger Ritter
Ein Mädchen, das der Welt entfloh,
Trotz Klostertor und Gitter;
Sprach viel von seiner Liebespein,
Und schwur, auf seinen Knien,
Sie aus dem Kerker zu befrein,
Und stets für sie zu glühen.

"Bei diesem Muttergottesbild,
Bei diesem Jesuskinde,
Das ihre Mutterarme füllt,
Schwör ich's dir, o Belinde!
Dir ist mein ganzes Herz geweiht,
So lang ich Odem habe,
Bei meiner Seelen Seligkeit!
Dich lieb ich bis zum Grabe."

Was glaubt ein armes Mädchen nicht,
Zumal in einer Zelle?
Ach! sie vergaß der Nonnenpflicht,
Des Himmels und der Hölle.
Die, von den Engeln angeschaut,
Sich ihrem Jesu weihte,
Die reine schöne Gottesbraut,
Ward eines Frevlers Beute.

Drauf wurde, wie die Männer sind,
Sein Herz von Stund an lauer,
Er überließ das arme Kind
Auf ewig ihrer Trauer.
Vergaß der alten Zärtligkeit,
Und aller seiner Eide,
Und flog, im bunten Galakleid,
Nach neuer Augenweide.

Begann mit andern Weibern Reihn,
Im kerzenhellen Saale,
Gab andern Weibern Schmeichelein,
Beim lauten Traubenmahle.
Und rühmte sich des Minneglücks
Bei seiner schönen Nonne,
Und jedes Kusses, jedes Blicks,
Und jeder andern Wonne.

Die Nonne, voll von welscher Wut,
Entglüht' in ihrem Mute,
Und sann auf nichts als Dolch und Blut,
Und schwamm in lauter Blute.
Sie dingte plötzlich eine Schar
Von wilden Meuchelmördern,
Den Mann, der treulos worden war,
Ins Totenreich zu fördern.

Die bohren manches Mörderschwert
In seine schwarze Seele.
Sein schwarzer, falscher Geist entfährt,
Wie Schwefeldampf der Höhle.
Er wimmert durch die Luft, wo sein
Ein Krallenteufel harret.
Drauf ward sein blutendes Gebein
In eine Gruft verscharret.

Die Nonne flog, wie Nacht begann,
Zur kleinen Dorfkapelle,
Und riß den wunden Rittersmann
Aus seiner Ruhestelle.
Riß ihm das Bubenherz heraus,
Recht ihren Zorn zu büßen,
Und trat es, daß das Gotteshaus
Erschallte, mit den Füßen.

Ihr Geist soll, wie die Sagen gehn,
In dieser Kirche weilen,
Und, bis im Dorf die Hahnen krähn,
Bald wimmern, und bald heulen.
Sobald der Seiger zwölfe schlägt,
Rauscht sie, an Grabsteinwänden,
Aus einer Gruft empor, und trägt
Ein blutend Herz in Händen.

Die tiefen, hohlen Augen sprühn
Ein düsterrotes Feuer,
Und glühn, wie Schwefelflammen glühn,
Durch ihren weißen Schleier.
Sie gafft auf das zerrißne Herz,
Mit wilder Rachgebärde,
Und hebt es dreimal himmelwärts,
Und wirft es auf die Erde.

Und rollt die Augen, voller Wut,
Die eine Hölle blicken,
Und schüttelt aus dem Schleier Blut,
Und stampft das Herz in Stücken.
Ein dunkler Totenflimmer macht
Indes die Fenster helle.
Der Wächter, der das Dorf bewacht,
Sah's in der Landkapelle.




Ludwig Heinrich Christoph Hölty

Biographie

Balladen und Gedichte
Acktaeon
Adelstan und Röschen
An Daphnens Kanarienvogel
An den Abendstern
An die platonische Liebe
An eine Tabakspfeife
Apoll und Daphne
Die Knabenzeit
Die Nonne
Elegie auf einen Stadtkirchhof
Hymnus an den Mond
Hymnus an die Morgensonne
Leander und Ismene
Lebenspflichten
Lob der Gottheit
Maylied
Maylied
Todtengräberlied
Üb' immer Treu und Redlichkeit
Impressum   Kontakt




Magento Freelancer aus Köln Balladen.de - Startseite