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An den Abendstern
Ludwig Heinrich Christoph Hölty
Hesper, mit dem goldnen Lockenhaare, blinket
Schon am rothgemahlten Abendhimmel, winket
Schon den Jüngling und das Mädchen in den Hayn,
Treuen Küßen sich zu weyhn.
Küßen, die so lieblich durch die Dämmrung rauschen,
Daß die Waldgöttinnen wonnetrunken lauschen,
Nach dem Jüngling schielen, voll von Lüsternheit,
Nach dem Mädchen, voll von Neid.
Wie die treuen wandeln, Arm in Arm geschloßen,
Durch die mondbeglänzten Schatten, ganz zerfloßen,
In Entzückung, die den Busen mächtig hebt,
Und in jeder Ader bebt.
Duftet süßer, wo sie wandeln, Frühlingsrosen,
Deren junge Busen Abendlüftgen kosen,
Lispelt Bäche, die durch Blumenthäler fliehn,
Angenehmre Melodien.
Gieße hellre Zaubereyen aus der Kehle,
Kleiner süßer Vogel, liebe Philomele,
Lächle durch das Laubgewölbe, Hesperus,
Reizender, bey jedem Kuß.
Seelig, welchen Hesper, wenn der Tag entfliehet,
Mit der Lieblingin im Hayne wandeln siehet,
Seeliger als jener, der aus Golde trinkt,
Und von Edelsteinen blinkt.
Seeliger als jener, der in fremden Zonen
Reichthum suchet, als ein Herr von Millionen,
Deßen Kasten, der sein Gold und Herz verschließt,
Seines Busens Abgott ist.
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Biographie
Balladen und Gedichte
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