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Die Roß.
Georg Rodolf Weckherlin
Georg Rudolf Weckherlin (1584-1653)
Die Roß.
Philodor.
Kom, Myrta, der Lieb wohn und wohnung,
Der Schönheit pracht, der Tugent Cron,
Unlangst meiner trew werther wohn,
Ietz meiner wehrten trew belohnung:
Kom, Myrta, dises frülings ruhm,
Und aller blumen schönste blum,
Dich zu mir auff das grün zusötzen;
Daß du dich in der blumen zier,
Daß Ich der blumen zier in dir
Besehend, wir Uns beed ergötzen.
Myrta.
Weil Amor nu allein zu gegen,
Der stehts durch deine augen Mich,
Der stehts durch meine augen Dich
Kan allein halten und bewögen:
So will Ich, ja so kan ich nicht
Wendend mein, fliehen dein gesicht;
Sondern der blümelein zu ehren,
Die als stern dises Element
Machen ein blumen-firmament,
Begehr ich dein gesang zu hören.
F .
Solt ich zu singen mich bemühen
Von andern, dan den blümelein,
Die under deiner augen schein
In dir frisch, unverwelcklich blühen?
Die gilg und rosen, die gewiß
Ein wahres blumen paradiß
Auff deinem leib uns mahlen, zwingen
Mich auch, der Natur gunst und kunst
In dir betrachtend, nichts mehr sunst
Dan dich der blumen ruhm zu singen.
M.
Unnöhtig, Lieb, ist dein liebkosen,
Weil wir nu under einem joch;
Wan ich dir dan lieb, so sing doch
Ietzund von diesen süssen Rosen:
Sing von den Rosen, edler schatz,
Und ich will dich mit einem schmatz
(Und nicht zuvor) reichlich belohnen:
Und wie lieb du mir auch, solt du
(Enthaltend deine band in ruh)
Ihn vor zu haben, mir verschonen.
F .
O Rosen, die kein frost kan tödten,
Durch welche ich widrumb gesund;
O Rosen, die den schönsten mund
Und wangen, liebfärblich, beröhten;
Euch Rosenmund, und allein Euch
Gebühret in der Schönheit Reich
Auff der Lieb thron befelch zugeben:
Mir aber Euch, die ihr gleichloß,
Und aller Rosen schönste Roß,
Dienstlich gehorsamend zu leben.
Wie in dem Himmel, so auff erden
Kan nichts (dan deine herrlichkeit)
An schönheit und an süssigkeit
Der Rosen gleich gefunden werden:
Daher dan, wan die Frülings zeit
Die welt zu der Lieb streit und beut
Behertzet, und das erdreich zieret,
Erhebet sich die Roß mit wohn,
Allda, weil Sie der blumen Cron,
Sie under allen triumfieret.
Die Morgenröhtin, new geboren,
Der Sonnen kind, von thränen nassz,
Doch schmollend, bald durch lieb und hassz
Von ihr verfolget und verloren,
Wan sie sich will mit höchstem pracht
Und in der newest schönsten tracht
Beklaiden, muß sie alle morgen,
Sich zu beschönen, zwar ohn scham,
Auß dem lieblichen Rosen-kram
All ihre anstreich-färblein borgen.
Dan früh alßbald wir nur erwachen
Und für dem jungen Sonnenglantz
Die stern uns ihren schein und dantz
Verbergen, und unsichtbar machen:
Mit lieblichen pomp und geruch
Gleichsam des Blumen-tags anbruch,
Die Roß, den Lufft und uns ergötzet,
Und uns des himmels frische ehr,
Als ob sie himmelisch selbs wer,
Mit wunder für die augen sötzet.
Der rohte morgen, muß verblaichen
(Verliebet) ab der Rosen Zier,
Und küssend lasset er auff ihr
Der süssen küssen feuchte Zaichen:
Verbuhlet auch der Lufft und Wind,
Durch lieb und eyfer taub und blind,
Mit ihr offt ihre küssz vermischen,
Und (frech) sich selbs und andre auch
Mit ihrem gleichsam süssen rauch
Zu mahl erfrewen und erfrischen.
Alßbald entknöpfend Sie auffstehet
Auß ihrem läger grün und new,
Alßbald Sie immer frisch und frey
Als eine kleine Sonn auffgehet:
Da sihet man sie bald von zorn
(Beschützet zwar von manchem dorn
So ihre quardy wol zu nennen)
Warnemend daß ihr, wie dem gold
Schier iederman gefährlich hold,
Schamroht und züchtig gleichsam brennen.
In ihrem ursprung war vorzeitten
Die Roß so weissz, daß mit ihr kaum
Des schnellen wassers frischer schaum
Noch auch des Morgens frost könt streitten;
Noch könt des silbers purer schein,
Der Milchrohn, noch das helfenbein,
Bey ihrer weissin wol bestehen:
Ja, weisser war die süsse Roß
Dan auff der kalten erden schoß
Der new-gefalne schnee zu sehen.
Als aber Venus hie auff erden
Durch ihrer schönheit gegenwart,
Mit ihren brüstlein zart und hart,
Mit hertz-entzündenden geberden,
Mit seel-ergründend süsser gunst,
Mit gaist-verblindend gailer kunst,
Mit küssen Nectar-gleich befeuchtet,
Mit ihrer augen liebem glantz,
Mit frölich-müdend-jungem dantz
Das volck bereichet und erleuchtet:
Da sah man sich die menschen naigen,
Und (lieb zu sein) auff alle weiß
Sich freindlich, höflich, sitsam, weyß,
Auch wacker, statlich, kühn erzaigen:
Bald sah man dise fro auß lieb,
Und durch lieb jene kranck und trüeb;
Die eine sah man, ihre schmertzen
Beklagend, ohn trost, hofnung, hail:
Und andre frisch, kurtzweilig, gail,
Sich hertzend, mit einander schertzen.
Die Göttin selbs, sich zuergötzen,
Zog mit Adonis, der ihr hertz,
Ihr kurtzweil, wollust, schimpff und schertz,
Hinauß zu jagen und zu hötzen:
Ohn schew, damit Sie ihre brunst
Möcht dämpfen durch des Jägers gunst,
Sah man Sie netz und garn auffstöllen,
Nicht wegen eines thiers gewin,
Sondern vilmehr begihrig ihn
Darnach in ihre arm zu föllen.
Einmahl, als Sie ihm nach zu lauffen
Zu hitzig und unachtsam war,
Und ließ die höcken ihre haar,
Die stauden das gewand hinrauffen;
Daher ein iedes laub, graß, kraut,
Ast und gewächs, ihr schöne haut
Zu küssen, gleichsam ein verlangen:
Da dörft sich auch ein Rosenstock
Sich wagen under ihren rock,
Und sie zu fangen underfangen.
Alßbald sich da die Roß ergötzet
Berührend ihren weissern fuß,
So bald mit beeder seits verdruß
Ein dorn ihr zartes fleisch verlötzet:
Die Göttin zugleich blaich und wund,
Und roht die Roß wurd zu der stund;
Die Rosen und der Göttin wangen;
Schamroht ab ihrem Rosen-blut,
Zu mahl mit newem pracht und gut
Bald wider mit einander prangen.
Dan Venus war bald wol vernüget,
Und achtet wenig ihrer pein,
Als ihres bluts schamrother schein
Sich lieblich auff die Roß verfüget:
Und daß man der Roß süssigkeit,
Durch ihr götliche lieblichkeit
Vermehret, möchte höher schätzen,
Verlyh sie ihr der Schönheit krafft,
Des edlen geruchs aigenschafft
Mit hundert taussent süssen schmätzen.
Dich (sprechend) will ich nu bestöllen
Als meine blum, der erden ehr,
Mit dir soll sich die Schönheit mehr
Dan sunst mit keiner blum gesöllen:
Du bist fürhin der blumen Cron,
Und der Liebhaber erster lohn,
Die gröste zier in einem garten,
Mit dir die schönheit zieret sich,
Und du, wie die Schönheit auff dich,
Solt auff die Schönheit allzeit warten.
Der Nymfen süsser mund und wangen
Und ihre glaich, an schönheit reich,
Die sollen sein den Rosen gleich,
Ja sollen mit den Rosen prangen:
Losieren sie dan auff die brust
Dich, süsse Roß, solt du den lust
Durch eines Buhlers augen baitzen;
Und bald mit deinem falschen brand
Sein schnöd-gekützlet-gaile hand
Zu einem falschen griff anraitzen.
Dergleichen würckung solt du haben,
Wan eine Nymff dich auff ihr haar
Solt stöcken: dan du solt, wie klar
Auch solches gold, das aug erlaben:
Ein zarte hand, ein grüner krantz
Soll deine süssigkeit und glantz,
Wie du die ihrige, vermehren:
Ja, möniglich, alt, jung, klein, groß,
Gesund und kranck, soll dich, O Roß,
Stehts lieben, loben, und begehren.
Myrta.
Mein Schatz, der mich, den ich erkoren,
Wie schnell doch hat sich dein gesang
Der Rosen frischheit, und der gang
Dieses so schönen tags verlohren?
Ein end hat dein lied und der tag,
Die Roß ist welck. Wie kan, wie mag
Sich rühmen doch der Mensch bedencklich?
Wan seine kunst, wollust, lob, ruhm,
Und Schönheit, wie ein zarte blum,
Nicht wehrhafft, sondern schnell zergänglich?
Philodor.
Wan dan die jahr, die tag, die stunden,
Wan alle menschen, alle ding,
Wie immer köstlich und gering,
Von der zeit werden überwunden:
Wan unser leben, frewd und glick,
So leicht in einem augenblick
Kan ändern, oder muß verfliessen:
Warumb, mein edles hertz und seel,
Solt ich ohn allen weittern fehl
Nicht deiner Rosen bald geniessen?
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