Aktäon
Gottfried Keller
Aktäon hat im dunklen Hain
Das edle Wild gefällt,
Da sah von einem milden Schein
Die Waldflut er erhellt.
Den Silbermond auf weißer Stirn,
Sonst der Gewänder bar,
Und um sie manche nackte Dirn,
Die nicht zu tadeln war,
So stand Diana weiß und zart –
O dreimal selige Birsch!
Sie spritzt' ihm Wasser in den Bart,
O unglückseliger Hirsch!
Wohl sprang er über Stein und Dorn,
Zitternd und verzagt,
An seinen Fersen Götterzorn,
Die wilde Jungfernjagd!
Schon floß sein rauchend Blut so rot
Dianen vor den Fuß;
Das ist ein schlimmer Jägertod,
Wer so verenden muß!
Das letzte wilde Mägdlein sprang
Voll keuscher Wut herzu
Und hielt dem schön gehörnten Fang
Das brechende Auge zu.
Auch heut noch mancher Junker birscht
Durch das Kartoffelkraut,
Der aber, wird er auch verhirscht,
Die Göttin nie geschaut!
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